Hans Schweikart (1895 – 1975)

Hans Schweikart wurde am 1. Oktober 1895 in Berlin geboren. Beide Eltern waren taubstumm. Schweikart selbst sah darin später kein Handicap, sondern einen Grund für sein hochentwickeltes Sprachgehör, das bei den Schauspielern die feinsten Schwingungen wahrnahm und schnell „falsche Töne“ aufdeckte.

Sein Vater war Mechaniker – die Familie entstam-
mte ostpreußischen Gelehrten- und Offiziersmilieu.
In der mütterlichen Linie (Stephani) finden sich
Pfarrer, ein Bürgermeister und Apotheker. Da die Eltern arm waren, erhielt Hans Schweikart nach Abgang vom Schiller-Realgymnasium mit Hilfe von Stipendien eine erste Ausbildung an der Marie-
Seebach-Schule des Königlichen Schauspiel-
hauses zu Berlin.

Er debütierte 1915 in Nikolai Gogols „Der Revisor“ am Wiesbadener Hoftheater. Über Görlitz, Magde-
burg und Köln kam er 1918 nach Berlin und schloss sich für fünf Jahre dem gefeierten Ensemble an Max Reinhardts Deutschem Theater an. Hier traf er auf seine erste Frau, die Schauspielerin Käthe Nevill, die später nach Palästina auswanderte. 1923 holte Otto Falckenberg Schweikart nach München, wo er sechs Jahre an den Kammerspielen wirkte und auch erstmals Regie führte. 1934-38 war er Ober-
spielleiter im Münchner Residenztheater und erwarb sich mit einem Shakespeare-Zyklus Ansehen.

Anschließend ging er als künstlerischer Leiter zur Bavaria-Filmgesellschaft in München/Geiselgasteig. Als ihr „Hausregisseur“ schuf er eine Reihe von Fil-
men wie z.B. „Befreite Hände“ oder „Das Mädchen von Fanö“. 1942 verließ er die Bavaria, um dem zunehmenden Druck brauner Filmpolitik zu entge-
hen. Der Erinnerung an seine Zusammenarbeit mit dem UFA-Star Joachim Gottschalk, der gemeinsam mit seiner jüdischen Frau Meta Wolff von den Nazis in den Tod getrieben wurde, entsprang nach dem Ende der Diktatur die Novelle „Es wird schon nicht so schlimm“ – Grundlage für den erfolgreichen DEFA-Film „Ehe im Schatten“.

1947 wurde Schweikart als Nachfolger für Erich Engel zum Intendanten der Münchner Kammerspie-
le berufen, die unter seiner Führung zu einer der be-
deutendsten Sprechbühnen Deutschlands wurden. Zu dem Ensemble gehörten neben Therese Giehse, Erich Ponto oder Friedrich Domin auch seine zweite Frau Maria Nicklisch. (Ur-)Aufführungen von Dürren-
matt, Miller, Giraudoux, Albee u.v.a. entstanden. Schweikart war stets auch pädagogisch tätig und leitete während seiner Kammerspielzeit die Otto Falckenberg-Schule in München.

Nach 1963 widmete er sich unermüdlich als „Frei-
berufler“ an den verschiedensten Bühnen der BRD und des Auslands der deutschen und fremdspra-
chigen Gegenwartsdramatik. Schweikart hat im Laufe seines Lebens auch eine Reihe von Bühnen-
stücken, Romanen und Abhandlungen verfasst. Im noch jungen Massenmedium Fernsehen führte Hans Schweikart mehrfach Regie und trat in ver-
schiedenen Rollen auf. So war er gelegentlicher Gaststar in der ZDF-Krimiserie „Der Kommissar“.

1955 wurde er mit dem Großen Bundesverdienst-
kreuz, 1961 mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet. In dritter Ehe war er mit Carlotta Schweikart, geb. Vetrone, verheiratet. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor: Martin (geb. 1951) und Andreas (geb.1952).

Hans Schweikart starb am 1. Dezember 1975 im Alter von 80 Jahren in München - am selben Tag, an dem er mit der Inszenierung von Harold Pinters „Niemandsland“ beginnen wollte...

 
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